Zutaten: Holunderblüten, Zitronensäure, Wasser, Zucker
In vier bis sechs Wochen beginnt der Holunderstrauch zu blühen und verwandelt die grüne Landschaft mit seinen zarten Sternendolden in ein weisses, duftendes Meer. So wie im zeitigen Frühjahr die gelb blühenden Forsythien die Städte und Dörfer prägen ist Holunder, der ungeschnitten in nur wenigen Jahren die Grösse eines kleinen Baumes erreicht, immer noch der am meisten anzutreffende Gehölzstrauch.
Völlig zu unrecht wird der Holunderstrauch oft als minderwertiges „Gewüchs“ angesehen, wenn es um die Planung der Grünanlagen in den Wohngebieten, Vorgärten oder den Garten rund um das Haus geht. Hand aufs Herz: Wer bezieht einen Holunderstrauch ein wenn die Garten-Center mit einer Fülle anderer einheimischer oder exotischer blühender Gehölze locken mit grosser Farbenvielfalt.
Wenn genügend Platz vorhanden ist, sollte man nicht auf ihn verzichten. Bei Bedarf kann Holunder sehr kräftig zurückgeschnitten werden ohne befürchten zu müssen, dass der Strauch eingeht. Nicht nur für die einheimische Insektenfauna sind die Blüten ein El Dorado. Im Spätsommer fängt für die Vogelwelt ein Festschmaus an, wenn die schwarzen Beeren reifen. Der Vorteil für die Menschen liegt nicht nur in der Ernte der gesunden Früchte. Das Zwitschern der vielen Vögel, die sich einstellen ist durchaus keine Selbstverständlichkeit mehr im Klangbild unserer „cleanen“, bereinigten städtischen Umwelt.
In vorchristlicher Zeit bis zum Mittelalter war es hierzulande Brauch, neben dem Wohngebäude stets eine Eibe und einen Holunder zu pflanzen. Beiden Sträuchern wurden positive Kräfte für das Wohlergehen der Bewohner und der Umgebung zugesprochen. Eine solche Gedankenwelt ist uns heute völlig fremd geworden, aber von den gesunden, heilenden Inhaltsstoffen einheimischer Pflanzen, die vor unserer Haustür wachsen, können wir volle Kraft tanken – und dass bis auf die weiteren Zutaten noch völlig kostenlos. Ein besonders aromatisches, wohlschmeckendes Rezept wollen wir heute vorstellen, das uns unser langjähriger Freund von Radio Utopie, Klaus aus Innsbruck aufgeschrieben hat. Durch das Geschenk einer Flasche Holundersirup, von ihm selbst hergestellt, kann ich mich verbürgen: so etwas Intensives an natürlichem Aroma kann man nicht im Geschäft erwerben, auch wenn die bunten, raffinierten Etiketten noch so sehr zum Kauf verlocken. Hier nun die Anleitung von Klaus:
„Das Rezept ist ganz einfach: pro 1 Liter Wasser nimmt man 1 kg Zucker (ganz normalen Industriezucker, kein Bio oder so!), 10 Gramm Zitronensäure (keine Zitronen!) und eine „ordentliche Handvoll“ Holunderblüten, die an einem schönen sonnigen Tag gepflückt werden (wenn möglich nicht gerade neben einer Autobahn oder so). Man nimmt die ganzen Dolden, die Stengel brauchen nicht entfernt zu werden, gewaschen werden sie nicht).
Ich verwende einen 10 l Plastikeimer, den ich sauber auswasche und in den ich 6 l Wasser (normales kaltes Trinkwasser) fülle, in das ich 6 kg Zucker und 60 g Zitronensäure gebe und auflöse. Anschließend kommen die Holunderblüten hinein. Den Eimer bedecke ich mit einem Geschirrtuch. Das Ganze muss dann 5 Tage lang stehen – ich rühre jeden Tag morgens und abends kurz um, gelegentlich koste ich auch. Zucker und Zitronensäure sind offensichtlich sehr potente Konservierungsmittel – Probleme mit verdorbenem Sirup gab’s bei mir nie.
Nach Ablauf der 5 Tage wird der Sirup in (Glas-!)Flaschen abgefüllt. Die Flaschen müssen natürlich sauber sein. Ich verwende dazu am liebsten die Flaschen von Spirituosen, die übers Jahr anfallen, da diese das günstige 0,7 l-Format haben und eher keimfrei sind. Ein Sieb in einem Trichter bewährt sich gut, wobei ich zuerst die Blütendolden aus dem Eimer fische und in einer Schüssel zwischenlagere. Die Flaschen mache ich so voll wie nur möglich und verschließe sie – Schraubverschluss ist am besten geeignet, Bügelverschluss geht auch. Filtrieren oder ähnliches ist nicht erforderlich.
Ich lagere die Flaschen in einer dunklen Speisekammer, Keller geht auch gut. Ungeöffnet hält sich der Sirup übers Jahr, nach dem Öffnen sollte man den Holunderblütensirup im Kühlschrank aufbewahren.
Ob man den Sirup mit Leitungswasser, Soda- oder Mineralwasser verdünnt, welches Sirup-Wasser-Verhältnis am besten schmeckt, lässt sich leicht herausfinden …
Seit über 30 Jahren bereite ich Jahr für Jahr diesen leckeren Sirup, der bei jung und alt beliebt ist. Vor Jahren versuchte ich in einer experimentierfreudigen Phase, nach obigem Rezept auch andere Sirupsorten herzustellen. Kirschen, Waldheidelbeeren und (wild in den Bergen wachsende) Ebereschen ergaben recht gute Säfte, noch dazu mit Originalgeschmack, da ja nicht erhitzt, was jedes Aroma unweigerlich ändert. Pfefferminze konnte mich nicht begeistern, Zitronenmelisse erwies sich als wirksames Mittel gegen Verstopfung und fand guten Absatz bei Bekannten, die unter derartigen Verdauungsbeschwerden litten … über die Wirksamkeit von zu Sirup verarbeiteten Pflanzen gäbe es wohl noch einiges zu erforschen …“
Auf Willkommen beim Botanicus finden sich Hinweise auf Ärzte der Antike, die um die Heilwirkung um Holunder wussten.
4.Mai 2014